OMAS GEGEN RECHTS ist eine zivilgesellschaftliche Initiative. Sie wurde im November 2017 von der Wienerin Monika Salzer gegründet. Zahlreiche Gründungen in Deutschland folgten ihrem Beispiel. Im Jahr darauf existierte bereits ein Netzwerk für den Norden. Marion Förster engagiert sich in der Kieler Regionalgruppe. Mit ihr sind wir verabredet. Im Hauptbahnhof treffen wir auf eine resolute Rentnerin samt Stockschirm in Weiß – das Erkennungszeichen für OMAS im Aktionsmodus.
Der nachfolgende Bericht entstand im Auftrag des Magazins woman in the city. Veröffentlicht wurde er in der Ausgabe Februar/März 2021.
Ich zeige Marion Förster die Aufnahme einer Gruppe Skinheads. Sie recken Fäuste und brüllen. Machen die ihr Angst? Sie verneint. Omas hätten gelegentlich sogar eine dämpfende Wirkung auf junge Männer mit erhöhtem Testosteronspiegel, meint Marion Förster, verschmitzt schmunzelnd. Bei Demonstrationen trenne überdies eine Wand aus Polizisten die politischen Lager voneinander. „Es sind die Anzugträger, Akademiker von Rang und mit Macht, gegen die wir Haltung bewahren müssen. Deren diskreditierende Äußerungen bedrohen den Zusammenhalt in unserem Land. Sie sitzen im Bundestag, sind vertreten in Landesparlamenten ebenso wie in unserer Ratsversammlung. Ihre Anhänger verbünden sich mit Gruppen, die als rechtsextremistisch gelten. Verschwörungstheoretiker wie die Querdenker dienen denen als Vehikel, um gegen unsere demokratische Grundordnung zu handeln. Dabei nutzen sie die im Grundgesetz verankerte Versammlungsfreiheit für ihre Proteste und Aufmärsche. Auch ich empfinde die Einschränkungen aufgrund der Pandemie als belastend. Das kann auf Dauer nicht so bleiben. Aber wir haben uns beim „Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus“ darauf verständigt, aktuell keine weiteren Gegendemonstrationen zu organisieren. Das wäre ein falsches Zeichen“.
Statt dessen fordern die Kieler OMAS GEGEN RECHTS in ihrer öffentlichen Erklärung eine gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit der Pandemie, über Folgen und über Konsequenzen, die aus den Erfahrungen damit zu ziehen seien. Nur eine gerechte Gesellschaft und eine funktionierende Demokratie könnten faschistischen und rassistischen Ideologien den Nährboden entziehen. Fortschritte, für die unsere Mütter und Großmütter hart gekämpft hätten, dürften nicht widerstandslos aufgegeben werden. Als sie 1974 Abitur machte, so erinnert sich Marion Förster, mussten beispielsweise Frauen in der BRD die Genehmigung ihrer Ehemänner einholen, um berufstätig sein zu dürfen. Bis heute sorgt das Gender-Pay-Gap dafür, dass oftmals Väter als die Einkommensstärkeren weiter Vollzeit arbeiten. Wenn KiTas und Schulen geschlossen werden, gehe das zweifellos häufiger zu Lasten der beruflichen Karriere junger Mütter.
Seit ihrem Eintritt ins Rentenleben 2019 engagiert sich Marion Förster bei der Kieler Regionalgruppe OMAS GEGEN RECHTS. Im kleinen Team organisieren Damen im Alter zwischen 60 und 80 Jahren in Kiel und Umland zivilgesellschaftlichen Widerstand. Sie wollen verhindern, dass Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus weiter an Boden gewinnen. Rund 300 Frauen und einige Männer vereint die Initiative. Gefunden haben sie sich im privaten Kreis sowie auf Facebook. Es sei eine heterogene Gruppe, berichtet Marion Förster. Verschiedene Anliegen lassen sie gemeinsam aktiv werden. Dazu gehört das Sammeln von Spenden für Obdachlose ebenso wie Muffins backen und Mitmarschieren bei den Demonstrationen für Klimaschutz der Jugendbewegung „Fridays for Future“. OMAS mischen mit am seit 20 Jahren in Kiel bestehenden „Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus“. Und sie reisen zu Kolleginnen aus anderen Regionalgruppen, um sich mit denen öffentlich solidarisch zu zeigen – beispielsweise wenn es gilt, eine Menschenkette um das Hamburger Rathaus zu bilden.
OMAS legen Missstände offen. Ihre Erinnerung reicht zurück bis zum Krieg und seinen Folgen. Für den Wiederaufbau nach Ende des Zweiten Weltkrieges, erinnert sich Marion Förster, standen der jungen Bundesrepublik mit den Westalliierten mächtige Freunde zur Seite. Sie schufen die Basis für das sogenannte Wirtschaftswunder. „Dessen Glanz überdeckte den Nationalsozialismus mit seinem Terror, ungezählten Rechtsbrüchen und Verbrechen. Wir haben es als Gesellschaft versäumt, zu trauern“, bedauert Marion Förster und fordert: „Der Besuch eines Konzentrationslagers sollte für Schulklassen Pflicht werden“.
Sie setzt sich für den uneingeschränkten Erhalt sozialer Standards in Deutschland ein. Eine gesicherte Existenz zu haben, ist nach Marion Försters Ansicht die Basis für Vielfalt und sozialen Frieden in einer Gesellschaft: „Diesen Staffelstab müssen wir weitergeben an die nächste Generation, aber auch an andere Staaten. Mein Traum ist, dass Freiheitsrechte überall auf der Welt gelten. Menschen aller Religionen, Hautfarben und Herkunft sowie jeglichen Geschlechts sind gleich zu behandeln. Diese Vielfalt der Möglichkeiten hat unsere Gesellschaft reich gemacht. Dennoch können Menschen ohne Anstand eine stabile parlamentarische Demokratie in kürzester Zeit in die Knie zwingen. Das hat Donald Trump gezeigt. Es ist an der Zeit, dass wir vereinbaren, nach welchen Regeln wir künftig miteinander umgehen wollen. Eine neue Ära des Anstands muss her“.
Kieler OMAS GEGEN RECHTS Als geschlossene Gruppe auf Facebook. Näheres auf http://omasgegenrechts-kiel.de. Zahlen zu Gewalttaten auf https://www.zebraev.de
Buchtipps Marion Förster: „Über den Anstand in schwierigen Zeiten“ von Axel Hacke und „Omas gegen Rechts – Warum wir für die Zukunft unserer Enkel kämpfen“ von Monika Salzer.
Bild: Omas marschieren gemeinsam im Demonstrationszug gegen neofaschistische Umtriebe in Heikendorf. Copyright Omas gegen Rechts / Okt 2020