Nix geht ohne Post-Its – Julia Sandmann wirbt für Service Learning

Post-its, diese Klebezettel in gelb und pink, in Blocks zu Dutzenden laminiert: Haftnotizen sind im Berufsalltag von Julia Sandmann unverzichtbares Handwerkszeug. Nicht nur für die Projektplanung im Team, auch bei Einsätzen außerhalb der Kieler Universität hat sie welche dabei.

Der Text erschien in der Reihe „woman porträt“ zur  Herbstausgabe 2017 des Magazins „woman in the city“ – Verlag magz medien, Laboe.

Dass Julia Sandmann Menschen animiert zum Mitdenken, Mitgestalten und Mitforschen, geht auf das Konto des Bologna Prozesses. Seit 1999 rüttelt die europäische Studienreform an den Elfenbeintürmen unserer Hochschulen, um Lehrende und Lernende zu mobilisieren. Für mehr Austausch innerhalb Europas – das war eines der ersten Ziele. Für praxisnahe Forschung und eine Lehre, durch die Studierende eine nachhaltige Berufsorientierung erfahren – das ist der Job von Julia Sandmann an der CAU.

Gut ein Jahr macht die Medienpädagogin ihn bereits. Mit ihr im Team arbeiten bei „PerLe“ rund drei Dutzend Menschen an Maßnahmen für die verschiedenen Prozessphasen vor, im und nach dem Studium. Dementsprechend weit gefächert ist das Angebot. Förderung erhält das „Projekt erfolgreiches Lehren und Lernen“ seit 2012 im Rahmen des Qualitätspaktes vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Soeben brach die zweite Förderphase an. Sie dauert bis 2020.

Die Uhr tickt. Bis Projekteende bleiben ihr drei Jahre, in denen Julia Sandmann möglichst viele Kielerinnen und Kieler für „Service Learning“ gewinnen möchte. Bei dieser modernen Lehr- und Lernform setzen sich Studierende für das Gemeinwohl ein. Sie tun etwas für die Gesellschaft. Sie engagieren sich, aber nicht losgelöst vom Studium, sondern als Bestandteil von Lehrveranstaltungen, die mit ihrem fachlichen Lernen eng verbunden sind. Im Hintergrund agiert Julia Sandmann. Sie knüpft Kontakte zu sozialen Organisationen. In Seminaren bereitet sie junge Leute auf die erste Begegnung mit Praxispartnern vor, reflektiert mit ihnen die jeweiligen Schritte und sorgt für eine Verknüpfung mit Inhalten akademischer Lehre. „Gutes Beispiel ist die Kooperation mit Pädiko, einem großen Träger für KiTas und Schulkinderbetreuung in Kiel“, erinnert sie sich, „Gemeinsam mit dem Verein ermittelten unsere Wirtschaftsgeographen, was Eltern sich von dessen Einrichtungen wünschen. Die Studierenden besaßen das theoretische Wissen, wie man das sozialwissenschaftlich erfassen kann, und genug Menpower für diese Erhebung“. Der Praxispartner öffnete ihnen die Türen. So kamen die jungen Leute mit einer für sie fremden sozialen Lebenswelt in Kontakt: „In der Gruppe wurde diskutiert, was besser wäre: Die Eltern beim Hinbringen oder beim Abholen ihrer Kinder zu befragen?“, berichtet Julia Sandmann mit einem Schmunzeln. „Beides völlig realitätsfern“, ergänzt die Mutter dreier Kinder und fasst zusammen: „Am Ende war das Projekt für alle ein Riesengewinn. Die Kooperation mit Pädiko verstetigt sich hoffentlich.“

Nicht immer steht zu Semesterende bereits ein verwertbares Ergebnis fest. „Darauf bereite ich alle Kooperationspartner vor“, versichert Julia Sandmann. Beim Erproben und Testen neuer Ideen gäbe es keine Erfolgsgarantie. Der Weg von einer Notiz auf dem Haftzettel zur konkreten Tat ist kein weiter, aber oft voll mit Blockaden. „Lass uns das einfach mal machen“ ist deshalb ein Satz, den Julia Sandmann schätzt. Sie gehört einem Team an, das innovative Ansätze gern selbst erprobt und bei Erfolg weitervermittelt. Unter Federführung von Julias Kollegin Frauke Godat initiierte es erst kürzlich das erste „Reallabor“ Kiels.

Was ist das denn? Die Erklärung gibt Jana Nau, eine der Studierenden, die sich seit Beginn des Sommersemesters mit dieser neuartigen Methode beschäftigen. Sie schreibt: „Ein Reallabor ist ein Gestaltungsraum, der eine Verbindung zwischen Studierenden, Praxisakteuren und der Wissenschaft schafft. Durch Realexperimente sollen Erkenntnisse zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft gewonnen werden. Reallabore verfolgen das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung und setzen Impulse für einen gesellschaftlichen Wandel.“ Am Auftakttreffen im Gaardener Mehrgenerationenhaus Ende April nahmen Bürger teil, Vertreter der Stadtteilschule, der Stadtverwaltung, des Wirtschaftsbüros und der Volkshochschule, von Bürgerinitiativen und sozialen Einrichtungen. Verteilt auf mehrere Tischgruppen sammelten sie Ideen zur Leitfrage:  „Wie können wir demokratische Prozesse in Kiel gestalten, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen?“. Und, nein, dieses Mal nicht auf Klebezetteln sondern auf Bögen, die als sogenannte „Tischdecken“ über den Lehre-Blog der CAU abrufbar sind. „Die Stadt hat genau die richtige Größe zum Netzwerken“, schließt Julia Sandmann mit Blick auf die Ergebniskarten aus diesem Treffen. Wie und wo geht es weiter? Am 17. Juni ist das Reallabor auf der Kieler Woche zu Gast beim MUDDI Markt – am „Tag der offenen Gesellschaft“.

 

Beitragsfoto: Julia Sandmann, fotografiert von Christina Kloodt (Ausschnitt)

Links

Service Learning: http://www.einfachgutelehre.uni-kiel.de

Reallabor Kiel: https://reallaborkiel.wordpress.com/

Kontakt

Julia Sandmann
Mitarbeiterin Service Learning an der CAU
PerLe-Projekt erfolgreiches Lehren und Lernen

Tel.: +49 (0)431 / 880-2985
jsandmann@uv.uni-kiel.de

Veröffentlicht von

panama

das; Abk. f. Panorama (griech.). Unter diesem Namen postet Daniela Mett vermischte Nachrichten aus der bewohnten Welt des Nordens bis hoch nach Tromsö. Die ausgebildete Magazinjournalistin berichtet frei und unabhängig. Sie hat sich in 35 Berufsjahren spezialisiert auf Reportagen und Interviews.

Schreibe einen Kommentar